1992 wurde die Agenda 21, die mit ihren 40 Kapiteln alle wesentlichen Politikbereiche einer umweltverträglichen, nachhaltigen Entwicklung anspricht, von über 170 Staaten als Aktionsprogramm mit konkreten Handlungsaufträgen für das 21. Jahrhundert verabschiedet.
In Kapitel 28 der Agenda 21 wird die Teilnahme und Mitarbeit der Kommunalverwaltungen hervorgehoben. In Abschnitt 28.2 ist ein konkreter Zeitplan vorgegeben. Wichtigste Vorgabe ist, dass sich bis 1996 die Mehrzahl der Kommunalverwaltungen der einzelnen Länder gemeinsam mit ihren Bürgern einem Konsultationsprozess unterzogen haben und einen Konsens hinsichtlich einer "kommunalen Agenda 21" für die Gemeinschaft erzielt haben soll.
1994 fand im dänischen Aalborg ein internationales Treffen von Kommunalverwaltungen zur Lokalen Agenda 21 statt. In der Charta von Aalborg verpflichten sich die unterzeichnenden Städte, in einen Prozess zur Verwirklichung einer Lokalen Agenda 21 einzutreten und entsprechende langfristige Handlungsprogramme aufzustellen.
Freiburg unterzeichnete die Charta von Aalborg 1996.
1. Governance
Wir verpflichten uns, unseren Entscheidungsfindungsprozessen durch mehr direkt-demokratische Mitwirkung neuen Schwung zu verleihen. Ziele:
1.1 Vor der Entscheidung über wichtige Themen der Stadtpolitik wird die Stadtgesellschaft beteiligt.
1.2 Die Bürgerbeteiligung erreicht einen Querschnitt der Stadtgesellschaft, nicht nur die bisher politisch aktiven Bevölkerungsgruppen.
1.3 Es gibt vom Gemeinderat (GR) beschlossene Regeln, wie die Bürgerbeteiligung zu organisieren ist.
1.4 Die Bürgerbeteiligung wird nach Qualitätskriterien wie z.B. Fairness, Transparenz und Chancengleichheit gestaltet.
1.5 Innerhalb der Stadtverwaltung und des GR werden zentrale und ressortspezifische Zuständigkeiten und Kapazitäten für Bürgerbeteiligung und Nachhaltigkeitsmanagement geschaffen.
2. Lokales Management für Zukunftsbeständigkeit
Wir verpflichten uns, effektive Managementabläufe umzusetzen, angefangen bei der Formulierung über die Umsetzung bis hin zur Evaluierung Ziele:
2.1 Nachhaltige Entwicklung in Freiburg wird durch ein systematisches, integriertes Nachhaltigkeitsmanagement gesteuert.
2.2 Die fünf Arbeitsschritte des Nachhaltigkeitsmanagements: Bestandsaufnahme, Zielsetzung, politische Beschlussfassung, Umsetzung und Beobachtung werden in regelmäßigen Abständen wiederholt.
2.3 Nachhaltige Entwicklung wird durchgängiges Entscheidungsprinzip in der Freiburger Stadtverwaltung.
2.4 Nachhaltige Entwicklung wird zum zentralen Prinzip gemeinderätlicher Entscheidungen.
2.5 Die Stadt Freiburg arbeitet im Rahmen ihres Nachhaltigkeitsmanagements mit Nachbarkommunen sowie nationalen und internationalen Kommunalverbänden zusammen.
3. Natürliche Gemeinschaftsgüter
Wir verpflichten uns, die volle Verantwortung für den Schutz und die Erhaltung der natürlichen Gemeinschaftsgüter zu übernehmen und ihre gerechte Verteilung zu sichern.
Ziele:
3.1 Erhaltung der Biodiversität und der naturnahen Ökosysteme.
3.2 Sicherung der kleinteiligen durch Artenvielfalt geprägten typischen Natur- und Kulturlandschaft.
3.3 Schadstoffeinträge in das Grundwasser und in Oberflächengewässer minimieren.
3.4 Begrenzung der Bodenversiegelung und Entsiegelung soweit möglich.
3.5 Ökologische Landnutzung voran bringen – Erhöhung des Anteils ökologischer Landnutzungsformen der Land- und Forstwirtschaft.
4. Verantwortungsbewusster Konsum und Lebensweise, Lokal und Global
Wir verpflichten uns, den umsichtigen Gebrauch von Ressourcen zu realisieren und massiv zu fördern und verantwortungsbewusstes Konsumverhalten und nachhaltige Produktionsweisen zu unterstützen.
Ziele:
4.1 Zukunftsbeständige Produktionsverfahren und verantwortungsvolles Konsumverhalten aktiv fördern.
4.2 Unterstützung von Strukturen und Maßnahmen für ökologisch, regional und fair produzierte und gehandelte Produkte.
4.3 Förderung des Bewusstseins für globale Entwicklungen, für den Kauf von langlebigen Produkten und für Produkte mit Umweltsiegel oder Fairtrade Siegel.
4.4 Angebote, Projekte und Kampagnen für einen nachhaltigen Konsum und eine nachhaltige Lebensweise und eine weltweit gerechte Entwicklung fördern.
4.5 Organisationen, Strukturen, Initiativen und Projekte unterstützen, die sich der Entwicklungszusammenarbeit, der internationalen Begegnung und dem Fairen Handel widmen.
5. Stadtplanung und Stadtentwicklung
Wir verpflichten uns, eine strategische Rolle bei der Stadtplanung und Stadtentwicklung im Hinblick auf ökologische, soziale, wirtschaftliche, gesundheitliche und kulturelle Aspekte und zum Nutzen aller zu übernehmen.
Ziele:
5.1 Schrittweise Reduzierung des Flächenverbrauchs im Außenbereich gegen Null, Deckung des Flächenbedarfs für Wohnen und Gewerbe durch maßvolle Innenentwicklung.
5.2 Stadtteile und Ortschaften hoher städtebaulicher Qualität mit sozialer und daseinssichernder Infrastruktur.
5.3 Starke Zentren mit hoher Nutzungsvielfalt und attraktivem Einzelhandel.
5.4 Qualitätsvolle Neubauten ergänzen das zeitgemäß genutzte baukulturelle Erbe in einer Stadt, die ihre Eigenart und Schönheit bewahrt.
5.5 Ein gutes Angebot attraktiver, urbaner und landschaftlicher Freiräume im gesamten Stadtgebiet, die für alle nutzbar und zugänglich sind.
6. Verbesserte Mobilität, weniger Verkehr
Wir anerkennen die Wechselbeziehungen zwischen Verkehr, Gesundheit und Umwelt und verpflichten uns, zukunftsbeständige Mobilitätsalternativen zu fördern.
Ziele:
6.1 Verminderung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) durch eine integrierte Stadt- und Verkehrsplanung – Freiburg, die Stadt der kurzen Wege.
6.2 Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und Steigerung der Fahrgastzahlen im Binnen- und im Quell-/Zielverkehr.
6.3 Konsequente Förderung des Fußverkehrs und attraktiver Ausbau des Fußwegenetzes.
6.4 Stärkung des Radverkehrs, Ausbau der Radverkehrsanlagen und Reduzierung der Fahrradunfälle.
6.5 Schutz der Bevölkerung vor Verkehrsunfällen sowie vor schädlichen Luft und Lärmimmissionen.
7. Kommunale gesundheitsfördernde Maßnahmen
Wir verpflichten uns zum Schutz und zur Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden unserer Bürgerinnen und Bürger.
Ziele:
7.1 Gesundheitliche Belange werden bei allen öffentlichen Planungen ressortübergreifend berücksichtigt, in Entscheidungen einbezogen und durch aktive Bürgerbeteiligung verwirklicht.
7.2 Vollwertige und ausgewogene Ernährung, Sport und Bewegung vor allem von Kindern und Jugendlichen fördern; regional, saisonal und ökologisch kontrollierte Lebensmittel verwenden.
7.3 Bevölkerung vor gesundheitsbelastenden Einwirkungen, insbesondere Lärm, Schadstoffen und Unfällen schützen.
7.4 Kinder, Jugendliche und Eltern erhalten zur Abwehr von Gesundheits- und Kindeswohlgefährdungen frühzeitigen Beistand, Beratung und Schutz.
7.5 Gesundes Wohnen und Arbeiten: Beim Bau und Umbau von Gebäuden aus wohnmedizinischer und innenraumlufthygienischer Sicht unbedenkliche Materialien verwenden.
8. Dynamische und zukunftsbeständige lokale Wirtschaft
Wir verpflichten uns zur Entwicklung und Sicherung einer dynamischen lokalen Wirtschaft, die Arbeitsplätze schafft, ohne dabei die Umwelt zu beeinträchtigen.
Ziele:
8.1 Nutzung der Potenziale der lokalen Forschung für die Modernisierung der regionalen Wirtschaft durch den qualitativen und kooperativen Ausbau des Transfers von Wissen.
8.2 Unterstützung der Schaffung von Arbeitsplätzen für nicht oder nur gering qualifizierte Arbeitskräfte.
8.3 Förderung expansionswilliger oder ansiedlungsinteressierter, insbesondere zukunftsorientierter Unternehmen durch Bereitstellung bedarfsnaher und bezahlbarer Gewerbeflächen.
8.4 Erhalt und weitere Ansiedlung des qualitativ hochwertigen regionalen Einzelhandels und der regionalen Lebensmittelproduzenten. 8.5 Weiterentwicklung eines zukunftsfähigen regionalen Tourismus.
9. Soziale Gerechtigkeit
Wir verpflichten uns zur Sicherung eines integrativen und unterstützend wirkenden Gemeinwesens.
Ziele:
9.1 Armut bekämpfen, existenzsichernde Arbeitsplätze und Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen und fördern sowie soziale Ausgrenzung verhindern.
9.2 Gegenseitige Akzeptanz unterschiedlicher Lebensformen fördern, gegen Gewalt, Diskriminierung und ihre Ursachen auf allen gesellschaftlichen Ebenen konsequent angehen.
9.3 Für alle Gruppen der Bevölkerung einen bedarfsgerechten und besonders für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen erschwinglichen Wohnraum sichern.
9.4 Chancengleichheit und freien Zugang zu Bildung und bei der Nutzung von Einrichtungen gewährleisten, Kinder mit ihren Fähigkeiten und Ressourcen altersgerecht fördern und die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und sozialen Kompetenz ermöglichen.
9.5 Teilhabe am gesellschaftlichen Dialog sicherstellen, bürgerschaftliches Engagement, interkulturelles, generationenübergreifendes und alle Gruppen einbeziehendes Zusammenleben und Begegnungsmöglichkeiten fördern.
10. Bildung
Wir verpflichten uns zur Förderung der Bildung und der Bildung für nachhaltige Entwicklung in Schulen und allen Lebenslagen.
Ziele:
10.1 Schulabschluss für jeden Schüler und jede Schülerin – kein Abschluss ohne Anschluss.
10.2 Erhalt und Ausbau der Durchlässigkeit zwischen den Schularten und in die berufliche Ausbildung – Ausbildungsplätze für alle.
10.3 Lebenslanges Lernen – die Teilnahme an Weiterbildungen sowie am zweiten Bildungsweg muss für Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen und mit unterschiedlichen Bildungsbedürfnissen möglich sein.
10.4 Frühe Förderung der Sprachkompetenz, auch die Sprachfähigkeit der deutschen Kinder – jedes Kind soll bei Schulbeginn die deutsche Sprache und bei Kindern mit Migrationshintergrund die Muttersprache seinem Alter gemäß sprechen können.
10.5 Stärkung, Ausbau und Verankerung der Bildung für nachhaltige Entwicklung und der interkulturellen Bildung im Prozess des lebenslangen Lernens, um Kindern und Erwachsenen nachhaltiges Denken und Handeln in globaler Verantwortung zu vermitteln.
11. Klima und Energie
Wir verpflichten uns, unsere Verantwortung für Klimaschutz und Energieeinsparung anzunehmen.
Ziele:
11.1 Senkung der Kohlenstoffdioxid (CO2)- Emissionen.
11.2 Energieeffizienz, Energieeinsparung und erneuerbare Energien gemeinsam mit allen Akteuren stärken und fördern.
11.3 Steigerung des Anteils von Häusern mit hohen energetischen Standards.
11.4 Nutzung aller Potenziale für erneuerbare Energien (u.a. Solardächer, Wind- und Wasserkraftanlagen) und Steigerung des Anteils erneuerbarer Energie (Strom, Heizung, Mobilität usw.) am Gesamtenergieverbrauch.
11.5 Erhöhung des Anteils der KraftWärme-Kopplung in Freiburg.
12. Kultur
Wir verpflichten uns, kulturelle Angebote für alle gesellschaftlichen Gruppe zu stärken.
Ziele:
12.1 Die Teilhabe an den kulturellen Angeboten und den kulturellen Aktivitäten fördern und für alle gesellschaftlichen Gruppen ermöglichen. 12.2 Das kulturelle Erbe schützen, für die nächsten Generationen erhalten und seine Bedeutung für die Geschichte der Stadt vermitteln.
12.3 Die Stadtgeschichte mit ihren kulturellen, soziologischen und bildungsbezogenen Aspekten lebendig vermitteln.
12.4 Das kulturelle Leben als einen stärkenden Faktor für unser gesamtes Lebensumfeld, auch für die Ansiedlung von Wissenschaftseinrichtungen und Wirtschaftsunternehmen verstehen – Kultur als Teil einer nachhaltigen Wirtschaft begreifen.
12.5 Stärkung von Angeboten zur Förderung eines friedlichen, sozial integrativen Zusammenlebens – die kulturelle Vielfalt der Einwohner im kulturellen Angebot der Stadt widerspiegeln.